Der Blick in die Deckbox: Ist Yu-Gi-Oh tot?

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2023-09-06 00:16:00 / Yu-Gi-Oh Competitive Artikel
Der Blick in die Deckbox: Ist Yu-Gi-Oh tot? -

Wenn ich ins Forum oder auf Social Media schaue, findet man alle paar Monate einen Thread oder dergleichen mit genau diesem Titel. Schaut man sich dann die Posts und Kommentare dazu an, wird man schnell feststellen, dass die Spielerschaft dies aggressiv dementiert. Doch heute will ich euch zeigen, dass dies nicht unbedingt stimmt. Doch was ich damit genau meine, erfahrt ihr hier und jetzt:

Schrödingers Yu-Gi-Oh

Fangen wir erst mal mit dem an, was offensichtlich ist und was die Frage nach dem "Ist Yu-Gi-Oh tot?" ganz klar mit Nein beantworten würde. Denn schaut man sich die spielerische Szene, insbesondere die Competitive Szene an, so sieht man, dass beispielsweise die Teilnehmerzahlen auf Regionals, Nationals als auch internationalen Events wie YCS's und Co. sichtbar und merklich steigen. Und das nicht erst seit der Corona-Phase, sondern schon 2019 und früher. Das allein spricht schon ganz klar dafür, dass Yu-Gi-Oh nicht tot ist. Schließlich wird ein Spiel nicht größer, wenn es nicht mehr existieren würde. Ebenso werden auch noch Unmengen an Karten entworfen, präsentiert und in Form neuer Produkte verkauft.

Warum aber tauchen dann immer wieder solche Threads und Diskussionen im World Wide Web auf, wenn es doch so offensichtlich wäre? Ich denke, hier kann man perfekt die Theorie aus der Quantenphysik rezitieren, um die Situation begreifen zu können. Denn "Schrödingers Katze" beschreibt ein Szenario, in welchem ein binärer Zustand (also "an" oder "aus" oder hier "tot" und "nicht tot") jeweils beide Zustände haben kann, solange wir es nicht nachgeprüft haben. Interessanterweise haben wir in dieser Abwandlung von "Schrödingers Yu-Gi-Oh" immer beide Zustände, je nachdem aus welcher Sichtweise wir uns das Ganze anschauen. Schaut man auf den vorherigen Absatz, fällt einem sofort auf, aus welcher Position diese Antwort entstand: aus der Sicht eines aktiven Mitglieds der Yu-Gi-Oh-Karten-Community. Doch wenn wir uns die Yu-Gi-Oh-Welt aus der Sicht einer neutralen Person der Gesellschaft anschauen, erscheint es plötzlich vollkommen anders: Der letzte (neue) Yu-Gi-Oh-Anime, der im Fernsehen aktiv lief, war Yu-Gi-Oh! Arc-V im Jahre 2015 (und das auch schon auf einem höheren Wissensstand, die Allgemeinheit dürfte vielleicht gerade so noch wissen, das Yu-Gi-Oh! Zexal einen kurzen Fernsehauftritt hatte, im Allgemeinen dürfte man hier aber auf Yu-Gi-Oh! 5D's) und sonst ausschließlich Wiederholungen der originalen Serien. Außerdem findet man keine Booster Packs mehr weitreichend in Kiosks und anderen Geschäften, sondern meist nur noch auf dafür spezialisierten OTS-Stores. Selbst viele Spielzeugläden bieten heute größtenteils keine Yu-Gi-Oh Karten mehr an (im Gegensatz zu Pokémon). Und sollte man dennoch auf ein solches Produkt stoßen, so wird im Regelfall eine der Figuren aus der originalen Anime-Serie das Cover des Produkts ausfüllen, was den Eindruck weiter bestärken würde.

Nun kann man natürlich behaupten, dass gerade ein Fernsehauftritt im modernen Streaming-Zeitalter als auch Geschäfte in der Zeit des Online-Handels wenig bis gar keine Aussagekraft hätten, aber auch hier ist es eher schlecht als Recht. So gibt es zwar auf Crunchyroll die bisher neuste "naturgemäße" Serie Yu-Gi-Oh! Vrains, doch auch diese lief von 2017 bis 2019 und somit gab es seit bald 5 Jahren keinen neuen regulären Yu-Gi-Oh! Anime mehr. Zwar existieren die neusten Spin-offs Yu-Gi-Oh! Sevens und Yu-Gi-Oh! Go Rush, doch bewerben diese nicht nur ein komplett "anderes Yu-Gi-Oh!", sondern nicht mal große Streaming Dienste sind an selbigen interessiert. Und auch Online wird man niemals einen Yu-Gi-Oh-Artikel noch unter den Bestsellern auf allgemein bekannten Seiten wiederfinden, ganz im Gegenteil zu Beispielen wie dem Pokémon TCG oder jüngst Magic the Gathering mit deren Herr Der Ringe-Kooperation um den "The One Ring". Und falls man doch mal ein hochpreisiges Produkt sieht, dann werden dies voraussichtlich nur Original-Produkte der ersten Sets sein und die eher aus Nostalgie-Gründen an Beliebtheit gewonnen haben. Letzteres wäre gerade durch das 25. Jubiläum inklusive Reprints der originalen Produkte noch mal weiter hervorgehoben.

Und selbst wenn man in die Videospiel-Welt schaut, sieht es weniger gut aus: So waren die letzten vier erschienen Spiele Yu-Gi-Oh! Legacy of the Duelist 2015, Yu-Gi-Oh Duel Links im Jahre 2016, Yu-Gi-Oh! RUSH DUEL: Dawn of the Battle Royale!! 2021 und jüngst Yu-Gi-Oh Master Duel im Jahre 2022 die einzigen Spiele, die unter der Marke "Yu-Gi-Oh" entstanden sind. Zwar müsste man hier auch das Spiel Yu-Gi-Oh Cross Duel aufzählen, doch dieses ist so knallhart gescheitert, dass es schon vor dem Alpha Release eingestellt wurde. Und selbst Master Duel hat sich aus Sicht der Allgemeinheit eher von seiner unschönen Seite gezeigt. Es hatte laut Steam in seinem ersten Monat einen Average Player Count von 162322 und war damit zeitweise in den Top 5 der meistgespielten Spiele auf Steam gewesen. Doch schon im Folgemonat hat sich dieser Count halbiert und in den Folgemonaten einen starken Abstieg erfahren. Heute liegt der Zähler noch bei etwa 10 bis 15 % seines initialen Einstiegs. Es ist zwar nicht ungewöhnlich, dass gerade zu Beginn eines neuen Videospiels, dessen Player Counts rasant in die Höhe schnellen und dann merklich sinken und sich irgendwo einpendeln, doch ist dieser Punkt bei 10 bis 15 % ziemlich gering.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass Yu-Gi-Oh als Intellectual Property (im Folgenden die Kurzform IP), tot ist. Somit ist Yu-Gi-Oh ähnlich wie Schrödingers Katze zugleich tot und lebendig.

Die Ein-Prozent-Regel

Jetzt steht nur im Raum, welche dieser beiden Sichtweisen nun überwiegen sollte und damit als Fakt betrachtet werden kann. Um diese Frage zu beantworten, führe ich ein weiteres Konzept ein, welches ich als Ein-Prozent-Regel bezeichne. Dabei fange ich erst mal damit an, jeden Menschen dieser Welt zu betrachten. Jetzt bestimmen wir eine fiktive, aber reelle Schätzung, welcher Anteil aller Menschen das Franchise "Yu-Gi-Oh" kennt. Hier nehme ich schätzungsweise einen Prozent an, da ich auch die Menschen miteinbeziehen würde, die in Nicht-Industrie-Ländern und etc. leben. Ihr könnt hier aber auch gerne eine Schätzung von beispielsweise zehn Prozent oder mehr anwenden, da dies in Summe nur wenig Auswirkung haben wird. Soeben nimmt man von diesem ersten Anteil eine weitere Schätzung, diesmal für die Anzahl Personen, die heute noch irgendwas mit der IP zu tun haben. Also unabhängig, ob sie das TCG spielen, den Anime schauen und/oder Spiele dazu spielen. Effektiv trennen wir alle ab, die nichts mehr mit dem Franchise zu tun haben. Auch hier kann man von weniger als einem Prozent ausgehen, weshalb wir der Einfachheit halber von einem Prozent ausgehen. Hiervon bilden wir wieder eine Untermenge und diesmal nur die, die das TCG spielen. Wir nehmen also alle raus, die nur den Anime schauen (dies, dürfte eine fast nicht existente Gruppe sein) sowie die nur in Videospiel-Form spielen. Hier haben wir voraussichtlich keinen großen Anteil gekürzt, aber da man hier auch die Leute abschneidet, die nur Master Duel spielen, ist es immer noch eine Beachtliche, die ich Einfachheit halber auf 50 % schätze. Wenn man von dem verbliebenen Anteil jetzt abschließend noch schätzen müsste, wie viele sich "competitive genug" damit beschäftigen, um beispielsweise die Spielerzahlen von Turnieren nur zu wissen, kommt man wieder auf einen Wert, der an die einen Prozent heranreicht. Denn auch wenn man es nicht glauben mag, gibt es noch sehr viele Spieler, die nie oder niemals ein Turnier besucht haben, beziehungsweise besuchen wollen/werden. Und entsprechende Personen haben meist auch kein Interesse daran, wie sich Turniere entwickeln. Ich möchte dies nicht als "Casual" verallgemeinern, da es auch hier inzwischen sehr viele Subvarianten gibt, für die Turniere sehr wohl relevant sind, es soll aber mehr an den Spieler gerichtet sein, der nur "am Küchentisch" spielt.

Sollte man nun all diese Fälle zusammennehmen, bekommt man ein sehr gutes Bild davon, wie viele Menschen unter die Gruppierung fallen, die die anfängliche Aussage treffen können, weil sie dies selbst erlebt haben. Und ich lüge wohl nicht, wenn dies nicht mal einen Prozent derer ausmacht, die das Franchise kennen beziehungsweise kennen sollten. Ich denke, hiermit wird auch bewusst, dass diese Personen, die so tief im Kern der modernen Yu-Gi-Oh-Community verwurzelt sind (dies gilt auch für nahezu alle Leute, die hier unterwegs sind und diesen Artikel lesen), nur einen ganz kleinen Bruchteil der Gesellschaft darstellen. Wir stellen also eine ganz spezielle Subkultur dar, können uns zugleich aber selten als eine solche sehen.

Um einen schönen Vergleich zu ziehen, bediene ich mich einem anderen Franchise. Einem, von dem hier vermutlich nur wenige jemals etwas gehört haben: dem Legacy of Kain-Franchise (im Folgenden kurz LOK). Dies war eine Spielreihe von Crystal Dynamics, einer Untergruppe von Square Enix und wurde primär durch ihre originale Hit-Spieleserie "Tomb Raider" bekannt. Das besagte LOK-Franchise stellte dabei eine Reihe von Story-zentrierten Dark Fantasy Adventure Spielen dar, die zwischen 1996 und 2003 auf PC, XBox und PS1 (sowie dem finalen Titel auf der PS2) veröffentlicht wurde. Ihr Fokus lag dabei auf einem grausamen Single Player Abenteuer (Einstufung war mit FSK16 nicht untertrieben) mit einer hochkomplexen Welt und Vampir/Todesengel/Rache-Geschichte, die sich über fünf Spiele entwickelt hat. Aber ich schweife ab (Fanboy, ja ich weiß ...). Wichtig ist der Release-Zeitraum beziehungsweise dessen Ende. Denn die Spielreihe fand 2003 ihr Ende. Und damit an sich auch das Franchise per se. Doch trotz allem gab es 10 Jahre später noch mal eine weitere Chance, als das Online Spiel "Nosgoth" angekündigt wurde. Leider hat Letzteres den Fans wenig zugesagt, da es eben ein Online-PvP-Spiel war, statt wie ihre Originalreihe einen Fokus auf Storytelling und Character-Development als Single Player legte und entsprechend 2016 eingestellt wurde. Trotz allem haben die Fans das Genre jahrelang noch fortgesetzt. Beispielsweise hatte ich mich zuletzt vor etwa fünf Jahren mit dem Genre das letzte Mal beschäftigt, und auch da hatte noch eine Fan-Webseite existiert, die die Welt von LOK (genannt Nosgoth, darum der Titel des Online-Spiels) um Fan-fictional Zeitungsartikel in monatlichen Abständen am Leben hielt. Bedauerlicherweise konnte ich diese Seite bei meinen heutigen Recherchen nicht mehr wiederfinden. Aber gut, lasst uns zurück zu Yugi kommen, da ich schon wieder abschweife. Was ich hiermit aussagen wollte: Auch wenn das Spiel und das Franchise seit nun bald 20 Jahren beendet wurde, hängen die Fans noch unendlich daran. Doch selbige sind sich (vermutlich) bewusst, dass sie nur einen sehr kleinen Bruchteil ausmachen. Und auch ihr dürftet euch dabei denken, dass es sich hierbei ja "nur" um ein vergessenes und totes Franchise handelt. Aber sind wir zu einem gewissen Grad nicht auch an einer ähnlichen Stelle bezüglich verbliebener Bekanntheit? Beziehungsweise erkläre ich es mal so: Sehen andere Leute unser Franchise nicht genauso nischig an, wie ihr gerade auf dieses Franchise geschaut habt?

Wenn man an einer einzelnen Wurzel hängt

Um die vorherigen Worte etwas weiter zu untermauern, können wir uns das Ganze auch noch mal als Baum vorstellen. Nehmen wir an, das Yu-Gi-Oh-Franchise wäre ein haushoher Baum, was er grundsätzlich ja ist. Schließlich ist ihr Bekanntheitsgrad immer noch sehr stark und hat einen mächtigen Stamm gebildet, auch wenn sie ihre Hochzeit um die 2000er hatte. Doch auch wenn der Baum existiert, könnte man behaupten, dass er etwas wackelig auf den Beinen steht. Um das zu verstehen, muss man sich dessen Wurzeln anschauen beziehungsweise erkennen, dass dieser Baum nur noch von einer einzelnen Wurzel gehalten wird.

Um das Ganze zu verdeutlichen, müsste man sich die gleiche Vorstellung vielleicht aus einem Franchise anschauen. Hierfür nehme ich mir einfach mal Nintendos' Lieblingsklempner Nummer 1: Mario. Auch hier haben wir einen ganz starken Baum, der sogar schon seit etwa 1985 existiert. Doch anders als bei Yu-Gi-Oh haben wir hier einen ganz anderen Fall und ein riesiges Geflecht aus vielen Wurzeln, die sich durch den Erdboden schlagen. Dabei variieren diese von sehr kleinen und jungen Ästen des Franchise wie beispielsweise den kürzlich erschienen Kinofilm oder den Comic- und Manga-Ablegern als auch starke und dicke Wurzeln wie die Original-Spielereihe, die alle paar Jahre neu aufgelegt wurde. Ähnlich schaut es auch mit anderen Wurzeln aus, die sich von der Hauptwurzel abgespreizt haben und in Form von beispielsweise Mario Kart oder Super Smash Bros. sich verselbstständigt haben. Diese Verselbstständigung könnte man sogar schon fast als einen eigenen Baum betrachten, wodurch das Mario-Genre ein eigener Wald sein könnte.

Alles in allem wird, denke ich, nun aber deutlich, was ich damit meine, wenn ich davon spreche, dass Yu-Gi-Oh nur noch eine einzelne Wurzel hat, die das komplette Franchise zu tragen hat. Denn wie schon in der Einleitung angesprochen, hat man bewusst andere Teile, wie beispielsweise den Anime-Bereich, so stark verkümmern lassen, dass dieser Baum immer mehr Wurzeln verloren hat. Ähnlich schaut es auch bei den Videospielen aus. Um die Zeit von 2000 bis 2010 war man sehr viel experimentierfreudiger mit dem Yu-Gi-Oh-Genre, man kann fast schon behaupten, man war ZU experimentierfreudig. So gab es damals nur wenig bis gar keine Videospiele im Yu-Gi-Oh-Bereich, die das tatsächliche Kartenspiel beworben haben und meist mit alternativen Regeln oder anderen Gesellschaftsspielen hervortraten. Dies war damals zwar sehr frustrierend, da man sich (zumindest ich als Kind) verzweifelt nach einem Videospiel umgeschaut hatte, in welchem man das echte Kartenspiel spielen konnte. Doch gerade heute würde ich eher davon sprechen wollen, dass das Gegenteil das Problem ist. Denn heute wird man nur noch selten auf ein Yu-Gi-Oh-Videospiel treffen, was man auch an den aktuellen Release-Zyklen sehen kann. Während es damals noch mehrere verschiedene Spiele im Jahr gab, so gab es seit 2015 gerade mal 6 Spiele, die international veröffentlicht wurden. Und wenn man Rush Duel- sowie "Duel Links" und "Cross Duel" zu den "Yu-Gi-Ohigen" Spielen zählt, so war keines davon individuell. Gerade heute muss ich sagen, dass ich es sehr schade finde, dass auch alternative Spiele wie "Dungeon Dice Monster" oder "Capsule Monster Colliseum" keine eigenen Subgenres erschaffen konnten, wie beispielsweise im Mario-Universum (ich habe diese Spiele erst jüngst erneut gespielt und wenn man mal vom "kaputten Spieldesign" absieht, eigentlich recht gute Spiele). Das ist gerade für heutige Verhältnisse sehr schlecht, da diese eigene Wurzeln hätten sein können, die das Franchise am Leben halten. Doch gerade jüngste Beispiele wie eben auch Cross Duel zeigen leider, dass der Zug für alternative Spiele abgefahren sein dürfte, wenn es zu nah ans Kartenspiel herankommt.

Benötigen wir "The Yu-Gi-Oh Company"?

Wie ich zuvor ja ausführlich erklärt habe, würde ich das Yu-Gi-Oh OCG/TCG und die Intellectual Property von Yu-Gi-Oh gerne getrennt betrachten wollen. Denn an sich ist das Yu-Gi-Oh OCG/TCG nur ein kleiner Ausschnitt vom gesamten Yu-Gi-Oh. Nun steht natürlich die Frage im Raum, wer (und daraus folgend dann das wie) daran etwas ändern kann. Und die erste Reaktion, die jeder liefern würde, wäre "Konami". Doch wusstet ihr eigentlich, dass Konami gar nicht die Rechte an "Yu-Gi-Oh" hat?

Um das etwas besser verstehen zu können, muss ich wohl etwas weiter ausholen. Dabei hab ich schon damals grob im Artikel "Die Geschichte der TCGs angeschnitten, dass Konami nie das allgemeine Recht an Yu-Gi-Oh besäße, sondern auch nur einer von vielen Lizenznehmern war. Mit dieser Lizenz schufen sie damals das erste Yu-Gi-Oh-Videospiel, welche einschlug wie eine Bombe, und dafür sorgte, dass Konami ein größeres Stück vom Kuchen der Lizenzrechte erhalten hatte. Denn im Gegensatz zu den anderen Lizenznehmern hatte Konami etwas mit dieser Lizenz angestellt und zum Erfolg geführt, während der Rest diese Lizenzen nur für Kleinkram "gemolken" haben, ohne etwas für das große Ganze zu liefern, womit der Fortbestand der IP gewährleistet worden wäre.

Wie die aktuelle Lizenzlage genau aussieht, kann (und will) ich gar nicht erläutern, aber grob beschrieben hat Shueisha und Nihon Ad Systems, Inc. (vielleicht schon mal in Form von NAS gehört/gelesen) die vollständigen Rechte an der Yu-Gi-Oh IP. Konami selbst besitzt nur die Rechte zum Vertreiben des Kartenspiels sowie von Videospielen [1]. Und da entstehen meiner Ansicht nach auch die Probleme. Denn wie man sieht, scheint Konami einen guten Job mit dem OCG und TCG zu machen, da dieses, was man aus anfänglicher Beschreibung erkennt, einfach boomt. Nur wenn es um die allgemeine IP geht, sieht es ziemlich düster aus, was mich zu einem historischen Ereignis führt, welches ich in "Die Geschichte der TCGs" schon betrachtet habe. Denn wie im besagten Artikel erwähnt, führte der damalige "Pokémon Panic"-Vorfall zur Einführung der "The Pokémon Company". Dieses Joint Venture (eine Form der Unternehmenskooperation, in diesem Fall Nintendo, Creatures Inc. und Game Freak) hatte die grundsätzliche Aufgabe, alle Marken des Pokémon Franchise zu überwachen und eine erneute Katastrophe diesen oder schlimmeren Ausmaßes zu verhindern. Heutzutage bringt man mit dem Begriff aber keine negativen Gedanken mehr in Verbindung, sondern hat ein eigenes Unternehmen, welche sich um alle Lizenzen und Intellectual Properties von Pokémon gleichmäßig und gleichwertig kümmert. Und spätestens seit 2009, wo sich die regionalen Zweige Pokémon USA und Pokémon UK zur The Pokémon Company International zusammengeschlossen haben, hantieren sie auch weltweit auf einer Wellenlänge (etwas, wovon wir in Yu-Gi-Oh nur träumen können ...). Daraus resultieren natürlich einige Vorteile, die unter anderem dafür sorgen, dass Pokémon heute noch so relevant beziehungsweise relevanter ist als während der Zeit der "Pokemania". Denn während bei Yu-Gi-Oh alle anderen Sparten/Wurzeln mehr oder weniger verkümmert sind, da sie jeweils von einem anderen Lizenzhaber gemanagt wurden und die einzelnen Lizenzhaber im Interessenkonflikt stehen, kann The Pokémon Company nicht nur für einen sauberen Internationalisierung-Prozess arbeiten, sondern kann diese Interessenkonflikte besser managen. Sagen wir einfach mal ein Lizenznehmer für eine Plüschtier-Sorte verringert sein Interesse, neue Produkte für Pokémon zu schaffen. Da die originalen Rechte immer noch bei der The Pokémon Company liegen, sind sie jederzeit in der Lage, eine neue Lizenz für einen anderen Anwerber auszusprechen (im gewissen Maße wie genau kann und will ich als Nicht-Jurist gar nicht wissen). Auch haben sie die Möglichkeit, weitere Anime-Produktionen anzustoßen, wenn sie dies für nötig halten. Hierzu haben sie selbiges gerade erst vor wenigen Wochen angestoßen. Denn neben dem "Reboot" der originalen Serie in Form von Pokémon Horizons, gab es noch zwei weitere Sub-Projekte. Einmal Pokémon: Path to the Peak (bereits auf dem offiziellen Youtube-Kanal in englischer Tonspur verfügbar: Klick mich) ein 4 Folgen Short-Cartoon[2], der sich um das Pokémon TCG dreht und so die spielerische statt sammlerischer Welt etwas attraktiver machen will. Und auf der anderen Seite ein weiteres 4-Folgen-Web-Projekt mit Namen "Pokémon Paldean Wings" (Bisher nur Ankündigung + Trailer bekannt), zudem bisher wenig bekannt ist, es aber vermeintlich eine Story erzählt, die mehr an die neusten Videospieltitel angelehnt ist. Und zumindest Path to the Peak konnte ich mir bisher anschauen und muss gestehen, wäre ich nur 20 Jahre jünger gewesen, ich wäre instant "hooked up" gewesen und hätte begonnen, mal ins Pokémon TCG auf spielerischer/Turnier-Ebene hineinzuschnuppern[3]. Außerdem hat es Pokémon nun schon mehrfach geschafft sich selbst neu zu erfinden, und so einen modernen Eindruck zu gewinnen. Dies sieht man beispielsweise schön bei dem Pokemon World Championship 2023-Trailer der eben nicht nur von Nostalgie lebt, sondern das ganze in die moderne katapultiert. Oder ein Kurzanime von vor paar Jahren, der das Pokémon-Universum im klassischen Mickey Mous/Tom & Jerry Cartoonstil präsentiert. Aber auch in anderen Medien hat sich Pokémon verselbstständigt. Da gibt es nicht nur das berühmte Pokémon-Musik-Video von Studio BONES (zum Beispiel für My Hero Academia bekannt) sondern auch Kooperations-Projekte mit Musikern wie Ed Sheeran mit 'Celestial' oder ENHYPEN mit 'One And Only'. Hell yeah, selbst als damals die originale Anime-Serie ihren bis dato dritten Sendeplatz-Wechsel seit ihrer Erstausstrahlung hatte, hat man das Ganze mit einem kurzen Spot gefeiert. Vergleiche ich das Szenario mit Yu-Gi-Oh so bekommt man schnell den Eindruck, wir befänden uns immer noch im alten Ägypten, werden doch fast ausschließlich nur die Charaktere aus der originalen Serie promotet, während es an solchen "Original Character" mangelt, der das Spiel mit dem Heute verbindet.

Alles in allem ist die Pokémon Company auf diesem Weg konstant in der Lage, seine IP besonders gut und konzentriert zu fördern sowie dafür zu sorgen, dass Pokémon nicht aus den Köpfen der Leute verschwindet. Selbst wenn man komplett aus Pokémon heraus ist, kann man Pokémon einfach nicht entkommen. Egal ob in Bus und Bahn, wo man Kinder mit Poke-Plüschis, -Anhänger oder -Karten sieht, oder im nächstbesten Kiosk, der immer noch Pokémon Karten anbietet (im Gegensatz zu Yu-Gi-Oh, Magic und Co.). Selbst Pokémon Go sieht man immer noch immer mal wieder und spätestens, wenn ein neuer Pokémon-Videogame-Titel angekündigt wird, sieht man überall die Werbung dazu. Und spätestens, wenn man auf Social Media unterwegs ist, wird man selbst ohne Pokémon Bezug immer wieder damit zu gebombt.

Darum halte ich es inzwischen für ein Muss, dasselbe auch bei Yu-Gi-Oh zu machen. Denn noch ist die Intellectual Property von Yu-Gi-Oh nicht komplett tot. Und gerade der kürzliche Steam-Erfolg von Master Duel beweist an sich, dass noch Interesse an der Marke besteht, man muss sie nur sinnvoller und geplanter unterstützen, was hier leider gescheitert ist. Denn im Gegensatz zu Pokémon "faded" Yu-Gi-Oh langsam, aber sicher aus dem Gedächtnis der Gesellschaft heraus und auch die jüngere Generation hat nur mit ganz wenigen Ausnahmen noch Interesse an das Medium Yu-Gi-Oh gefunden, und das meist auch nur noch auf zufälliger Natur. Dabei behaupte ich, dass man nicht mal viel machen müsste. So ist es meiner Ansicht nach notwendig, ähnlich wie auch bei Pokémon, ein wenig den Abstand zum Original-Anime zu suchen und sich auf andere Charaktere und Figuren des Franchise zu stoßen, ähnlich wie man es jetzt mit dem Yu-Gi-Oh OCG Stories Manga versucht und so die Welt der Himmelsjäger-Karten aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Ungünstigerweise mangelt es dem Projekt an internationaler Bekanntheit, da der Manga selbst in Japan unter dem Radar läuft, ganz zu schweigen von unseren europäischen oder den amerikanischen Gefilden. Hier wäre es nötig, ähnliche Projekte parallel in verschiedensten Medien anzustoßen. Doch um genau so was zu bewerkstelligen, wäre eine übergeordnete Organisation im Stile der "The Pokémon Company" notwendig. Vielleicht wäre es auch sinnvoll, neben dem existenten Spiel einen neuen Anime oder im Stile des "Pokémon: Path to the Peak"-Cartoons eine Kurzserie zu starten, die vielleicht nicht die Weltrettung mit dem Yu-Gi-Oh-Franchise anzielt, aber das Spiel aus Sicht des vereinfachten Speed Duel Subgenres, die Funktionsweise von realen Yu-Gi-Oh Events zu erklären und motivieren?

Ist Yu-Gi-Oh nun tot?

Doch damit möchte ich dann für heute langsam mal zum Schluss kommen. Wenn ich die eingängige Frage für mich persönlich beantworten müsste, dann würde ich sagen, ja, Yu-Gi-Oh ist als das große Ganze schon so gut wie tot und die einzige noch nicht verkümmerte Wurzel muss damit arbeiten, was man vor 20 Jahren gesät hat. Doch ich denke, dass das nicht immer so sein muss, und auch wenn ich eine Veränderung auf dem Level einer "The Yu-Gi-Oh Company" für unwahrscheinlich halte, könnte vielleicht schon ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, wie das besagte Yu-Gi-Oh OCG Stories, ausreichen. Und wer weiß, vielleicht kriegt Yu-Gi-Oh ja auch irgendwann ein "Happy End", so wie es kürzlich bei Fans von Legacy Of Kain geschehen ist, die nun einen Hoffnungsschimmer auf eine Fortsetzung oder Neuauflage haben.

Jetzt interessiert mich aber eure Meinung. Haltet ihr Yu-Gi-Oh für tot oder fragt ihr euch, warum ich dieses Thema aufgegriffen habe, da euch schlussendlich eh nur das TCG interessiert? Habt ihr andere Ansätze, wie man die Bekanntheit steigern beziehungsweise stabilisieren kann? Oder gar andere Themen, die es einzubringen gibt? Falls ja, dann schreibt doch was dazu in den Kommentaren.

-deckcreator16

[1]  Ich hab zwar auch nicht den perfekten Überblick, aber ich möchte euch dennoch etwas genauer aufteilen, wie die Lizenzlage so ausschaut:

-Shueisha hat primär alle Rechte an Mangas rund um Yu-Gi-Oh. Dies beinhaltet nicht nur den abgeschlossenen Original-Manga, sondern auch aller Spin-off-Mangas sowie auch den neusten Produktionen wie Yu-Gi-Oh OCG Stories oder Yu-Gi-Oh Structures.

-NAS besitzt wiederum die Rechte für alle Animes rund um das Yu-Gi-Oh Universum sowie deren Charaktere. Dabei ist der Punkt mit den Charakteren sehr interessant, fallen hier nicht nur die Haupt- und Nebenfiguren darunter, sondern auch die Monster sowie allgemein aller Karten, die im Anime verwendet wurden. Leider kann ich nicht ergründen, wie weit die Rechtslage bei Charakteren (inkludiert auch z.B. Monster), die auch im Manga (erstmalig) enthalten sind/waren. Wieso das wichtig ist, kommt gleich.

-Bandai hat beziehungsweise hatte damals das Recht, als erstes Karten in Umlauf zu bringen. Wie weit dieses Recht heute noch gilt, konnte ich hierfür enttäuschenderweise nicht ergründen. Hier haben wir aber mit den originalen und abgebrochenen Bandai-Yu-Gi-Oh-Karten ein Paradebeispiel für die Verwendung der IP, ohne etwas für die Zukunft zu hinterlassen.

-Abschließend Konami welche zum jetzigen Wissensstand die Rechte an den Vertrieb des Yu-Gi-Oh OCG (Original Card Games) sowie TCGs innehält, als auch das Recht besitzt, Videospiele für die IP zu schaffen. Damit besitzen sie die Rechte an allen vergangenen Videospielen in ihrer originalen Form sowie aller Karten, die original für das OCG und TCG entworfen wurden. Zudem besitzen sie auch die Organized Play Rechte für das OCG und TCG (und den Videospielen wie Master Duel oder Duel Links).

-Und indirekt möchte ich noch Kazuki Takahashi aufzählen, welcher trotz seines Todes immer noch die gleichen Rechte besitzt. So hat er beispielsweise Vertriebsrechte und dergleichen für Yu-Gi-Oh an Shueisha und NAS durch seine Manga-Veröffentlichung längst abgetreten, doch immer noch sind die Idee, Charaktere, Monster und etc. unter seinem Urheberrecht. Denn das Urheberrecht wird anders behandelt als Vertriebsrechte und Ähnliches. Auch wenn er jetzt nichts mehr davon haben wird.

-In einem ähnlichen Urheberrechtsverhältnis stehen dann auch die Studios Toei und Gallop (Teil von NAS), welche die jeweiligen Animes produziert haben.

-Hier sei noch erwähnt, dass der Film "Yu-Gi-Oh! The Movie: Pyramid of Light" damals von Warner Bros. in Kooperation mit Studio Gallop produziert wurde und ein entsprechend noch komplizierteres Lizenzverhältnis besteht, wenn der Film mit einbezogen wird.

Wichtig ist bei all diesen Punkten aber schon bei dieser groben Unterteilung die Rechtslage. Sagen wir mal, Konami plane den Release eines neuen Yugi- und Kaiba-Structure Decks für das OCG und TCG mit deren ikonischen Karten sowie vereinzelten neuen Staples wie beispielhaft . So können sie dies nicht ohne die Zustimmung von Shueisha und NAS machen. Denn um ein solches Structure Deck zu produzieren, benötigen sie nicht nur die Erlaubnis, die Charaktere abzudrucken, sondern auch die Verwendung der Karten, die im Anime- und/oder Manga erstmalig erschienen sind, wie beispielsweise der . Diese erwähnte Erlaubnis ist wiederum sehr häufig mit dem Abtritt von Anteilen am Gesamtgewinn durch das Produkt gekoppelt. Und dann brauchen sie die selbige Genehmigung nicht nur für das OCG, sondern auch für das TCG, da es sich hier (rechtlich) um zwei komplett andere Spiele handelt. Und jetzt stellt euch mal vor, ihr wollt in dem Beispiel auch noch Karten herein packen, welche damals im Pyramid of Light-Kinofilm enthalten waren. Zusammengefasst: ein endloses Chaos.

In ein ähnliches Szenario kommen wir auch mit der Liste der limitierten und verbotenen Karten. Beispielsweise war damals das Verbot von oder so schwierig, da beide erstmalig in Shueishas beziehungsweise NAS Hand lagen. So war selbst eine Karte, die im Anime gespielt wurde und wurde erstmalig im The Valuable Book 14 releast. Die Valuable Books zählen dabei als "Spin-offs" der VJUMP, welche wiederum von Shueisha vertrieben wird. Das heißt, dass auch an den Tisch für die limitierten und verbotenen Karten diese beiden Firmen an den Diskussionstisch gesetzt werden dürfen/müssen, da eine Einschränkung besagter Karten auch einen Einfluss auf Verkäufe/Interesse an entsprechenden Produkten haben würde.

Wobei ich auch hier zugeben muss, dass mir die Situation mit dem aktuellen Yu-Gi-Oh OCG Stories Manga nicht bekannt ist. In diesem wird der Konami-originale Himmelsjäger-Archetype nicht nur wiederverwendet und zu echten Charakteren aufgewertet (keine Ahnung, wie weit, das einen Unterschied macht, aber seit dem Manga hat beispielsweise nicht nur ein alternatives Artwork, sondern auch eine Sammlung von Charakterzügen, Emotionen und etc. die sie zu einem voll eingefleischten Charakter macht. Und das gilt grundsätzlich ja für alle enthaltenen Monster), sondern es werden auch die Manöver/Aktionen/etc. der Zauberkarten mitverwendet. Hier interessiere ich mich ernsthaft, wie viel Zustimmung Konami liefern muss und wie weit diese Auswirkungen auf den Release von beispielsweise die im Manga enthaltenen neuen Manga-Promos hat. Unter anderem auch, was das wiederum für dessen TCG-Release aussagt. Wäre schon unappetitlich, würden diese für immer im Lizenz-Wald verloren gehen.

[2] Ich habe den Short-Cartoon bewusst als Cartoon und kein Anime betitelt, da er vom Stil eher an einen modernen amerikanischen Cartoon erinnert. Zusätzlich konnte ich zum Zeitpunkt des Artikels nicht ermitteln, von welchem Studio dieses produziert wurde.

[3]  Und auch wenn ich jetzt nicht so sehr davon "hooked up" wurde, direkt wieder mit dem TCG zu beginnen, hat es schon dafür gesorgt, dass ich noch mal paar Stunden das alte Pokémon-TCG-Videogame auszubuddeln und damit etwas Spaß zu haben :D. Ich bin einfach zu alt, um noch mehrere TCGs gleichzeitig auf hohem Niveau zu spielen.


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